Im Zeichen des Adlers: Roman by Simon Scarrow

Im Zeichen des Adlers: Roman by Simon Scarrow

Autor:Simon Scarrow [Scarrow, Simon]
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Herausgeber: Random House DE
veröffentlicht: 2011-12-06T05:00:00+00:00


19

Als es am Vorabend des Aufbruchs dämmerte, waren sämtliche Wagen auf Straßentauglichkeit untersucht und alle Räder frisch mit Talg geschmiert. Beladen mit der Ausrüstung der Legionen und den verschiedensten Gepäckstücken, standen sie in langen Reihen wartend da. Die Tiere in den Pferchen vor der Festung verspeisten zufrieden die letzten Reste des Winterfutters. Fast alle Stabsangehörigen gaben sich jetzt, da die Arbeit getan und sie einige Wochen lang Ruhe haben würden, zwischen den Zelten und den schmutzigen Hütten der Einheimischen einem ausgedehnten Saufgelage hin; im Laufe des jahrelangen Aufenthalts an der Rheingrenze hatte sich die Garnison an das hier übliche berauschende Gebräu gewöhnt. Die umsichtigeren Veteranen waren damit beschäftigt, ihre Stiefel wasserdicht zu machen, und vergewisserten sich, dass die genagelten Sohlen den dreihundert Meilen langen Marsch bis zur Küste auch überstehen würden.

Im Hauptquartier waren einige wenige Mitarbeiter in großen Räumen, die jetzt, da alle Akten sorgfältig in Truhen verpackt und auf den Wagen verstaut waren, gespenstisch widerhallten, mit der Ausarbeitung der letzten Details befasst. Mit den einheimischen Händlern wurden noch allerlei ausstehende Schulden beglichen, und den Offiziersfamilien, die alsbald nach Rom zurückkehren sollten, wurden Reiseerlaubnisse ausgestellt. Eine Abteilung der Legionsreiterei hatte Befehl erhalten, den Konvoi bis nach Corbumentum zu eskortieren und anschließend zur Legion zurückzukehren.

Als Vespasian an einer Reihe von Schreibtischen vorbeikam, an denen sich fünf Schreiber im flackernden Schein der Öllampen über ihre Arbeit gebeugt hatten, blickte er auf die Schriftrollen nieder.

»Was ist das?«

»Herr?« Der Oberschreiber erhob sich eilig.

»Womit seid ihr hier beschäftigt?«

»Wir kopieren gerade einen Brief für Flavia, Herr. Die Briefe sind für Sklavenhändler in Rom bestimmt, und sie erkundigt sich, welche Lehrer für Kinder sie im Angebot haben.«

»Ich verstehe.«

»Sie hat gemeint, du hättest das angeordnet, Herr.«

Die Verstimmung war ihnen anzumerken, und Vespasian verspürte unwillkürlich Gewissensbisse, weil diese Männer bis in die späte Nacht hinein arbeiten mussten, während ihre Kameraden sich hemmungslos vergnügen konnten.

»Nun, ich glaube nicht, dass es ihr auf einen Tag ankommt. Beendet die Briefe ein andermal. Ihr könnt gehen. «

»Danke, Herr. Ihr habt gehört, was der Legat gesagt hat, Leute.«

Die Papiere wurden eilends zurechtgerückt, die Tintenfässer verschlossen und die Federn gesäubert, dann erhoben sich die Schreiber und wandten sich zum Gehen.

»Wartet!«, rief Vespasian ihnen nach, worauf sie sich ängstlich umdrehten. Er langte in den Geldbeutel an seinem Gürtel und warf dem Oberschreiber ein Goldstück zu. »Für dich und deine Männer – trinkt auf mein Wohl. Ihr habt in den letzten Tagen gute Arbeit geleistet.«

Die Schreiber bedankten sich murmelnd und eilten, sich aufgeregt unterhaltend, von dannen, während Vespasian ihnen wehmütig nachschaute. Er hatte den Eindruck, es sei bereits eine Ewigkeit her, dass er als frisch ernannter Tribun mit seinen Kameraden die Nacht durchzecht hatte. Verschwommene Erinnerungen an wilde Nächte und fürchterliche Kater an den Fleischtöpfen Syriens wurden in ihm wach, und Vespasian gedachte voller Wehmut der Freuden der Jugend, die für ihn schon zu Ende gewesen war, kaum dass sie begonnen hatte. Jetzt war die Kluft zu diesen Männern aufgrund seines Alters und natürlich seiner Stellung unüberbrückbar.

Langsam ging er zum Tor des Hauptquartiers und nickte grüßend, als



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